Der Holocaustgedenktag ist ein bundesweiter verankerter Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus in Deutschland. Bereits seit 1988 erinnert der Arbeitskreis Judentum jährlich namentlich an die über 200 jüdischen Holocaustopfer aus Grevenbroich. In diesem Jahr werden Schülerinnen und Schüler der Diedrich-Uhlhorn-Realschule Wevelinghoven die Namen aller ermordeten ehemaligen Nachbarn vorlesen.
Es ist nicht immer einfach, eine angemessene Form des Gedenkens zu finden, die auch Jugendliche und junge Erwachsene anspricht. Wie auch bei den Stolpersteinen, die in Grevenbroich am 24. Mai 2018 nunmehr zum siebten Mal durch Gunter Demnig verlegt werden, ist es eine wichtige Aufgabe, das Erinnern vor allem in den Alltag hinein zu holen. Es ist wichtig, die nächste Generation für Erinnerungsarbeit zu gewinnen. Denn die Überlebenden und Zeitzeugen des Holocaust, zu denen Ulrich Herlitz in den 1990er Jahren Kontakt halten konnte, sind mittlerweile oftmals verstorben. Heute steht für ihn der Kontakt zur zweiten bzw. dritten Generation im Vordergrund. Diese verfolgt sehr aufmerksam, wie Deutschland mit seiner Vergangenheit umgeht. Auch in der Erinnerungsarbeit gewinnen soziale Medien wie Internet, Facebook, Instagram, Twittet & Co. zunehmend an Bedeutung. Deshalb gab es zum 70. Holocaustgedenktag im vergangenen Jahr eine Kampagne in den Sozialen Medien, die vom World Jewish Congress (WJC) gestartet wurde. Der WJC ist eine Dachorganisation, die weltweit jüdische Gemeinden in über 100 Ländern vertritt. Es wurde vom WJC weltweit dazu aufgerufen, unter dem Hashtag #WeRemember ein Foto bzw. ein Selfie von sich zu posten. Die Kampagne entwickelte eine große Eigendynamik, so dass binnen weniger Wochen über 250 Millionen Menschen weltweit erreicht werden konnten. Auch der Arbeitskreis Judentum und viele Grevenbroicher – darunter auch Schüler*innen von „KKG gegen das Vergessen“ (GV-Südstadt) – hatten sich an dieser Aktion beteiligt.
Auch in diesem Jahr hat der WJC wieder einen Aufruf zum diesjährigen Holocaustgedenktag gestartet, dem sich der Arbeitskreis Judentum angeschlossen hat. Es geht nicht zuletzt darum, dass sich hinter jedem Ermordeten ein Name, ein Gesicht, eine Persönlichkeit verbirgt. In unserer Stadt waren es 200 Gesichter: Nachbarn aus Gustorf-Gindorf, Frimmersdorf-Neurath, Wevelinghoven, Grevenbroich, Hülchrath, Kapellen und Hemmerden. Die Kampagnenbilder wurden in diesem Jahr vom 24. bis zum 27. Januar 2018 in der Gedenkstätte des KZ Auschwitz öffentlich gezeigt und zeitgleich im Internet gestreamt. In Zeiten, in denen Antisemitismus, Diskriminierung und plumper Geschichtsrevisionismus wieder wachsen, ist es wichtig, Gesicht zu zeigen und an die deutsche Geschichte in allen Facetten zu erinnern. Die heutige und erst recht die nachfolgende Generation trägt keinerlei Schuld. Aber die Verantwortung, sich zu allen Höhen und Tiefen deutscher Geschichte zu bekennen. Es wichtig, auch diejenigen anzusprechen, die bisher nur sehr wenig von der Verfolgung und Ermordung im Holocaust wissen. Denn diese nahmen ihren Anfang ebenso hier vor Ort.
Die Kampagne kann nur ein erster Schritt sein. Die Resonanz und die Bereitschaft vieler Jugendliche, sich mit dem Thema zu beschäftigen, sind sehr ermutigend. Dies beweist das Engagement vieler Menschen weltweit und bei uns insbesondere der Schüler*innen zum Holocaustgedenktag in Grevenbroich.