Wenn das Theater seine Türen für das Publikum noch nicht öffnen darf, kommt es eben direkt zu den Kulturbegeisterten nach Hause. Seit dem ersten Lockdown im März 2020 hat das Theater Krefeld und Mönchengladbach eine ganze Reihe erfolgreicher Online-Erlebnisse ins Programm genommen: Inszenierungen wurden gestreamt oder, wie jüngst „The Plague“ und „What Dancers Do“, Filme gedreht. Alles Formate, die die Zuschauerinnen und Zuschauer ganz bequem zu Hause genießen können – ein Stück Theater fürs Heimkino, damit das Warten auf ersehnte Live-Erlebnisse nicht zu lang wird.
Auch Regisseurin Maja Delinić freut sich darauf, ihre Inszenierung von Arthur Schnitzlers „Reigen“, die eigentlich im Theater Mönchengladbach hätte Premiere feiern sollen, via Internet zeigen zu können. An zwei Samstagen im Mai, am 15. und 22., wird das Stück jeweils um 19.30 Uhr gestreamt. Gefilmt wurde das Stück von Gladbach.live. Tickets zum Einheitspreis von 10 Euro sind ab dem 7. Mai ganz unkompliziert über die Homepage des Theaters buchbar – so, wie normalerweise Tickets gekauft werden können, indem der Vorstellungstermin angeklickt wird. Um zehn Begegnungen, um zehn Verfehlungen von Mann und Frau geht es in Schnitzlers ironischem und melancholischem „Reigen“. Immer dreht es sich um „das Eine“, immer gibt es ein Davor und ein Danach, immer geht man danach auseinander – um gleich darauf bei jemand anderem zu erscheinen. So ergibt sich der Reigen: Jede Szene ist mit der folgenden durch eine Figur verbunden. Heißt auch: Jede/r schläft mit zwei anderen.
Weil es (beinah) in jeder der zehn Szenen zum Äußersten kommt, eignete sich „Reigen“ zur Skandalisierung. Das obsessive Starren auf „das Eine“ ersparte die Auseinandersetzung mit der scharfsinnigen Beobachtung der Geschlechterverhältnisse durch alle Schichten der Gesellschaft hindurch. „…die ungeheure Fremdheit zwischen Mann und Weib wurde fühlbar…“ schreibt Arthur Schnitzler am 5. Februar 1921, nachdem er in Berlin Proben zur Uraufführung seines 1896/97 geschriebenen „Reigen“ besucht hatte. Die Inszenierung traf den Punkt, auf den es ihm ankam.